Die Achromaten von Zeiss und Zeiss-Winkel

Achromaten sind die einfachsten Objektive, bei denen die chromatische Aberration für nur zwei Farben korrigiert wird: Blau und Rot. Dies bedeutet dass manchmal noch eine Restfarbe im mikroskopischen Bild als Artefakt vorhanden sein kann. Zwischen Zeiss und Zeiss-Winkel gibt es einen Unterschied wie auffällig diese Restfarbe war. Ich habe hier die Achromaten von Zeiss und Zeiss-Winkel miteinander verglichen. Dies betrifft die Objektive mit eine Abgleichlänge von 45 mm die berechnet wurden für eine 160 mm mechanische Tubuslänge. Ich fand heraus dass die Restfarbe beim Zeiss-Winkel Achromaten anders aussieht als beim Zeiss Achromaten. Die ersten Objektive mit 45 mm Abgleichlänge die in Verbindung stehen mit Carl Zeiss wurden von Zeiss-Winkel (Carl Zeiss - Rudolf Winkel) in Göttingen hergestellt während der späten 40er Jahre. Ende der 50er Jahre wurde der Name Zeiss-Winkel geändert in Carl Zeiss und die Produktion fand fortan statt in Oberkochen. Noch später wurde nur noch der Name Zeiss verwendet. Und dann war da auch noch Carl Zeiss Jena in der ehemaligen DDR. Um es einfach zu halten werden in diesem Artikel die Objektive von Carl Zeiss, Carl Zeiss Jena und Zeiss angedeutet mit ‘Zeiss’.

Achromaten 40/0.65

Die folgenden Vergleichtests beziehen sich auf die Achromaten 40/0.65 mit 45 mm Abgleichlänge von Zeiss und Zeiss-Winkel. Für die Tests habe ich verschiedene Präparate verwendet. Auffällig ist, dass die Farbsäume um die Objekte im Präparat mit Zeiss-Winkel 40/0.65 Achromaten einen anderen Farbton haben als mit Zeiss 40/0.65 Achromaten. Bei Zeiss-Winkel ist die Restfarbe rosa, während sie bei den Objektiven von Zeiss blau ist. Die rosa Farbsäume die die Zeiss-Winkel Achromaten ergeben sind viel weniger präsent als das helle Blau, das man bei Zeiss sieht. Dies hat zur Folge, dass die mit den Zeiss-Winkel Achromaten aufgenommenen Bilder neutraler erscheinen. Anscheinend hat Zeiss-Winkel eine andere Art von Kompensation verwendet. Ich habe den Eindruck, dass die Zeiss-Winkel Achromaten im Allgemeinen weniger Farbartefakte produzieren als alle späteren Zeiss Achromaten. Es ist überraschend wie gut diese 70 Jahre alten Zeiss-Winkel Objektive bereits waren. Vielleicht hat Zeiss-Winkel eine andere Glasart verwendet. Zeiss-Winkel produzierte überigens auch die erste Neofluaren und die hatten eine bessere Korrektur als Achromaten. Die älteren Zeiss-Winkel Objektive ergeben zwar eine stärkere Bildfeldwölbung, aber das habe ich nie als störend empfunden. Was man fotografieren will liegt normalerweise in der Mitte des Bildfelds. Wenn es um Achromaten für die Fotografie geht, dann bevorzuge ich die Zeiss-Winkel Objektive.

Zeiss-Winkel und Zeiss 40/0.65 Achromaten, chronologisch geordnet von Ende der 40er Jahre (1) bis Ende der 90er Jahre (8).

1: Zeiss-Winkel, erste Version mit 45 mm Abgleichlänge, Ende der 40er Jahre
2: Zeiss-Winkel, 50er Jahre
3: Carl Zeiss Jena, 'aus Jena'
4: Carl Zeiss
5: Carl Zeiss
6: Zeiss
7: Zeiss F40
8: Zeiss Plan40

Pinnularia, fotografiert mit den verschiedenen Achromaten von Zeiss und Zeiss-Winkel.

Mit diesen Vergrößerungen werden die Farbartefakte noch sichtbarer.

Der Unterschied zwischen Zeiss und Zeiss-Winkel ist auch bei anderen Objekten deutlich zu erkennen.

Von links nach rechts: Stauroneis, fotografiert mit Carl-Zeiss 40/0.65 (Nummer 5) und Zeiss-Winkel 40/0.65 (Nummer 2) und Spaltöffnungen von Hosta, fotografiert mit Zeiss 40/0.65 (Nummer 6) und Zeiss-Winkel 40/ 0.65 (Nummer 1).

Auf den ersten Blick scheinen die mit Zeiss-Winkel Objektiven aufgenommenen Fotos weniger kontrastreich zu sein als die anderen Bilder. Ich denke jedoch, dass die blaue Farbsäume bei die Zeiss Objektive den Kontrast zumindest teilweise verstärkt, da diese Farbe dunkler ist als der rosa Farbton bei Zeiss-Winkel.

Dunkelfeldaufnahmen von Pleurosigma angulatum. Links fotografiert mit Zeiss 40/0.65 (Nummer 6) und rechts mit Zeiss-Winkel 40/0.65 (Nummer 1). Die blauen Farbartefakte sind beim Zeiss-Winkel-Objektiv weniger vorhanden. Zudem scheint auf dem rechten Foto die Struktur besser aufgelöst zu sein. Das habe ich auch bei Hellfeldaufnahmen gesehen.

Vergleich zwischen dem ältesten und dem neuesten Objektiv der Serie. Oben: Zeiss Plan 40 (Nummer 8). Unten: Zeiss-Winkel 40 (Nummer 1). In den Vergrößerungen rechts ist der Unterschied in den Farbartefakten deutlich sichtbar.

Die Grünalge Pleurococcus. Oberes Foto: Carl Zeiss 40 (Nummer 4). Unteres Foto: Zeiss-Winkel 40 (Nummer 2). In das obere Foto sind deutlich blaue Farbsäume sichtbar.

Histologisch Präparat von Tilia. Links: Zeiss 40 (Nummer 6). Rechts: Zeiss-Winkel 40 (Nummer 2) gibt ein neutraleres Bild. 

Pollen von Lilie. Links: Carl Zeiss 40/0.65 (Nummer 5). Rechts: Zeiss-Winkel 40/0.65 (Nummer 1).  Das linke Bild enthält mehr blaue Restfarben, während das rechte Bild mehr Grüntöne enthält, was ich weniger störend finde. Das rechte Foto macht meiner Meinung nach insgesamt einen besseren Eindruck, auch was den Kontrast angeht. Um die Unterschiede besser zu sehen klickt man auf das Foto zum Vergrößern.

In den folgenden Tests wurde das älteste Objektiv der Serie, das schwarze Zeiss-Winkel 40, mit dem viel späteren Zeiss F40 mit Semi-Plankorrektur verglichen. Auch hier sind die Bilder des Zeiss-Winkel 40 meiner Meinung nach neutraler. Es scheint, als ob über den Bildern, die mit dem F40-Objektiv aufgenommen wurden, ein blauer Schleier liegt.

Cymbella, oben fotografiert mit Zeiss-Winkel 40/0.65 (Nummer 1) und unten mit Zeiss F40/0.65 (Nummer 7). Es gibt kleine Unterschiede im Fokus, aber ich persönlich finde das obere Foto neutraler und sauberder.

Pollenkörner verschiedener Pflanzenarten, links fotografiert mit Zeiss F40/0.65 (Nummer 7) und rechts mit Zeiss-Winkel 40/0.65 (Nummer 1). Urteilen Sie selbst, ob der 40-jährige Zeitunterschied zwischen diesen Objektiven den Unterschied gemacht hat.......

Es erstaunt mich immer wieder wie gut diese alten schwarzen Zeiss-Winkel 40/0.65 Achromaten schon waren. Ich habe mehrere Exemplare der schwarzen Version und alle liefern kontrastreiche, saubere Bilder mit minimalen Artefakten. Es scheint, dass der einzige wirkliche Fortschritt in der Optik mit den späteren Achromaten von Zeiss die verbesserte Plan-Korrektur war ................…

Zeiss und Zeiss-Winkel Achromaten 10/0.22 und 10/0.25

Sobald der Name Zeiss-Winkel am Ende der 50er Jahre in Carl Zeiss änderte, wurde die Apertur der Achromaten 10 eingeschränkt; dies änderte sich von 0.25 auf 0.22. Zeiss-Winkel produzierte bisher immer 10/0.25 Achromaten. Auf den ersten Blick scheint es keine Unterschiede zu geben; bei kritischen Beobachtungen macht sich allerdings ein Unterschied im Auflösungsvermögen bemerkbar. Erst viel später, am Ende der 80er Jahre, produzierte Zeiss wieder 10/0.25-Objektive wie das F10/0.25.

Arachnoidiscus fotografiert im Dunkelfeld mit Zeiss-Winkel 10/0.25 (links) und Zeiss 10/0.22, wo die Details links besser aufgelöst werden.

Anschließend habe ich das schwarze Zeiss-Winkel 10/0.25 mit dem viel späteren Zeiss F10/0.25 Objektiv verglichen. Die Zeiss F-Objektive sind Semi-Planachromate und bieten daher eine bessere Korrektur der Bildfeldwölbung. Im folgenden Vergleich sind die Unterschiede zwischen den beiden Objektiven marginal. Es ist ein Unterschied in der Farbwiedergabe erkennbar, bei den Zeiss-Winkel 10/0.25 Achromaten erscheinen die Farben generell etwas dunkler. Ansonsten sind die Ergebnisse vergleichbar, sogar die Planizität ist gleich. Letzteres ist auf die Verwendung eines Euromex 10x Huygens-Okulars in Kombination mit dem Zeiss-Winkel-Objektiv zurückzuführen, wodurch die Korrektur der Bildfeldwölbung besser ist als mit den Original-Zeiss-Winkel Okularen.

Gefärbtes Präparat einer einkeimblättrigen Wurzel, fotografiert mit Zeiss F10/0.25 in Kombination mit mit Zeiss Kpl10x Okular (links) und Zeiss-Winkel 10/0.25 in Kombination mit Euromex 10x Okular (rechts). Die Bilder wurden mit der Olympus PEN E-PL1 Kamera und ein Sigma 30 mm Objektiv aufgenommen. Die Breite des Wurzelquerschnitts beträgt ca. 1188 µm.

Achromaten 25/0.45

Ein bemerkenswerter Fall ist das Zeiss-Winkel 25/0.45 Objektiv. Im Vergleich zu einem Carl Zeiss oder Zeiss 25/0.45 scheint das Zeiss-Winkel-Objektiv, das ich in meinem Besitz habe, in der Praxis eine etwas höhere Apertur zu haben. Der Unterschied in der Apertur wird mit einem Phasenkontrast Kondensor deutlich. Bei Verwendung des Phasenrings 3 (Ph3) entsteht mit einem25/0.45 Objektiv eine ringförmige Beleuchtung. Nur der äußere Rand der Apertur wird sichtbar, während das zentrale Licht blockiert ist. Bei dieser Belichtungstechnik wird das maximale Auflösungsvermögen eines Objektivs verwendet und der Kontrast im Bild nimmt zu. Wenn man den beleuchteten Ring mit einem Phasenteleskop betrachtet, dann scheint dieser Ring bei Zeiss-Winkel 25/0.45 etwas breiter zu sein. Dies ist nur möglich wenn die Apertur etwas höher ist. Weil ich nur ein einziges Exemplar des Zeiss-Winkel Objektivs habe ist es nicht sicher ob alle Zeiss-Winkel 25/0.45 Objektive in der Praxis eine etwas höhere Apertur haben. 

Vergleich zwischen einem Zeiss 25/0.45 (A) und einem Zeiss-Winkel 25/0.45 (B) Objektiv. Bei ringförmiger Beleuchtung mit dem Ph3 Phasenring fällt der beleuchtete Ring bei Zeiss-Winkel etwas breiter aus.

Streupräparat mit Cymbella in der Mitte, fotografiert mit ringförmiger Beleuchtung und Ph3 Blende. Links: Zeiss 25/0.45. Rechts: Zeiss-Winkel 25/0.45. Beim Zeiss 25/0.45 ist der Übergang zur Dunkelfeldbeleuchtung bereits sichtbar, die Ränder dort sind schon unterbelichtet. Dieser Unterschied ist nur durch einen Unterschied in Apertur möglich.

Aufnahme von Cymbella fotografiert mit Ringförmige Beleuchtung. Oben: Zeiss 25/0.45. Unten: Zeiss-Winkel 25/0.45. Ob sich hier ein Unterschied im Auflösungsvermögen bemerkbar macht, ist schwer zu sagen. Allerdings glaube ich zu sehen, dass die Struktur mit dem Zeiss-Winkel etwas besser aufgelöst wird.

Auch was die chromatische Aberration der 25/0.45 Objektive betrifft ist ein Unterschied zwischen Zeiss und Zeiss-Winkel zu erkennen. Zeiss-Winkel liefert wieder ein Bild mit weniger Artefakten, auch wenn der Unterschied etwas subtiler ist als bei den 40/0.65 Achromaten.

Vergleich zwischen Zeiss 25/0.45 (links) und Zeiss-Winkel 25/0.45 (rechts) mit ein Streupräparat das hauptsächlich Diatoma enthält. Der Unterschied in der Bildqualität ist geringfügig, aber sichtbar, wenn das Bild vergrößert wird. Bei Zeiss-Winkel sind weniger Farbartefakte vorhanden.

Detailaufnahmen von Arachnoidiscus, fotografiert mit Zeiss 25/0.45 (oben) und Zeiss-Winkel 25/0.45 (unten). Die Farbartefakte sind beim Zeiss Objektiv stärker vorhanden.

Zeiss-Winkel 2.5/0.06 versus Carl zeiss Plan 2.5/0.08

Ich glaube nicht, dass es viele Mikroskopiker geben wird, die zum Fotografieren ein Zeiss-Winkel 2.5/0.06 Objektiv verwenden. Diese Linse wird oft als nichts anderes als eine Staubschutzkappe angesehen, die eine freie Öffnung im Revolver verschließt. Das spätere Carl Zeiss Plan 2.5/0.08 Objektiv wird dagegen geschätzt. Allerdings bestimmt das zu fotografieren Material, welches Objektiv besser zu verwenden ist. Ich denke zum Beispiel, dass das Zeiss-Winkel 2.5 Objektiv für Sandfotografie besser geeignet ist als das Carl Zeiss Plan 2.5. Ich habe die beiden Linsen mit weißem Sand verglichen. Ich habe mich bewusst für diesen 'langweiligen' Sand entschieden, da damit Farbfehler deutlich sichtbar gemacht werden können. Der Vergleich zeigt, dass das Zeiss-Winkel 2.5 Objektiv die Sandkörner deutlich neutraler darstellt. Beim Carl Zeiss Plan 2.5 sind die Körner von breiteren blauen Rändern umgeben und es scheint, als ob ein blauer Schleier über dem Bild hängt. Allerdings ist die Auflösung des Carl Zeiss Plan 2.5 Objektivs etwas besser, was bei größeren Sandkörnern jedoch kaum eine Rolle spielt.

Ein weiteres Objektiv von Carl Zeiss eignet sich auch sehr gut für die Sandfotografie: das 3.2/0.07. Es handelt sich um ein Objektiv, das wie das Zeiss-Winkel 2.5 kaum Kompensation braucht. Kompensierende Zeiss Okulare ruinieren hier das Bild eines ansonsten gutes Objektivs.

Weißer Sand im Durchlicht, fotografiert mit Zeiss-Winkel 2.5/0.06 (links) und Carl Zeiss Plan 2.5/0.08 (rechts). Die blauen Ränder sind rechts stärker ausgeprägt. Rechts ist die Auflösung besser wodurch die Sandkörner schärfer aussehen, allerdings ist die Schärfentiefe etwas geringer.

Carl Zeiss 100/1.25 versus Zeiss-Winkel 100/1.30

Mit den Achromaten 100 sehen wir mehr oder weniger das gleiche Bild, das wir mit den Achromaten 40 gesehen haben. Die Zeiss 100/1.25 Achromaten ergeben wiederum eine mehr blaue Restfarbe, während diese Farbe bei Zeiss-Winkel weniger auffällig ist. Beim Vergleich fällt auch auf, dass das Bild des Zeiss-Winkel Achromaten insgesamt neutraler ist. Für die Fotos habe ich einen Carl-Zeiss Achromaten aus den 1970er Jahren (die 'silberne' Version) mit dem ersten 45 mm Zeiss-Winkel Achromaten (schwarze Version) verglichen. Andere Versionen beider Hersteller ergaben die gleiche Unterschiede.

Didymosphenia fotografiert mit Carl Zeiss 100/1.25 (links) und Zeiss-Winkel 100/1.30 (rechts). Das Bild rechts sieht neutraler aus, da weniger auffällige Restfarben vorhanden sind.

Teil von Epithemia, fotografiert mit Zeiss-Winkel 100/1.30 (oben) und Carl Zeiss 100/1.25 (unten). Auch hier ist mehr Blau im Bild des CZ 100/1.25 vorhanden.

Cymbella, fotografiert mit Carl Zeiss 100/1.25 (links) und Zeiss-Winkel 100/1.30 (rechts). Wie in den vorherigen Bildern wird der Kontrast im Bild links durch die blaue Restfarbe verstärkt. Dadurch wird das linke Foto oft als klarer angesehen. Auf dem Foto links ist zudem ein recht starker gelber Farbanteil zu erkennen. Es ist gut zu wissen, dass die Schalen von Kieselalgen tatsächlich glasige und farblose Objekte sind.

Fazit

Die Zeiss-Winkel Achromaten aus den 40er und 50er Jahren ergaben bereits ein überraschend gutes Bild. Im Vergleich zu den späteren Achromaten von Zeiss erzeugen sie weniger Farbartefakte. Fotos, die mit Zeiss-Winkel-Achromaten aufgenommen wurden, wirken daher neutraler, allerdings werden diese Fotos manchmal als weniger klar beurteilt. Denn das Vorhandensein der stärkeren blauen Restfarbe bei den späteren Zeiss-Achromaten wirkt kontraststeigernd.